Dienstag, 24. Juli 2012

24.07.2012


Nach zwei Wochen "Rumgammeln" ist nun so langsam wohl mal wieder ein bisschen Training angesagt...und da es heute so richtig schön heiß war, habe ich mich gleich mal in der frühen Nachmittagssonne an den Neckar aufgemacht und bin den Berg beim Stift Neuburg hochgerannt...und weils so schön war, gleich wieder runter und wieder hoch....und dann nochmal. ;-)Erst dann ging es durch den kühlen Wald zurück. Irgendwie muß ich mich ja an den Hitze-Marathon herantasten...uffz. Habe heute gelesen, dass es JEDE Meile eine Verpflegungsstation geben wird....die wird man wohl nicht freiwillig auslassen!!
Ach so, warum ich den Berg hochrenne? Weil ich mich noch vor der Quali für Hawaii für eine Mitteldistanz in Freiburg (19.08.) angemeldet habe...wird nun wohl umdefiniert in eine lange, bergige Trainingseinheit...jaja, wers glaubt....

Donnerstag, 19. Juli 2012

Rennbericht Frankfurt Ironman 8.Juli 2012

Kurz die Nacht hinter mir, sehr lange der Tag vor mir - das war mein erster Gedanke, als morgens um vier Uhr der Wecker klingelte! Ich stolperte aus dem Bett und unter eine schöne, lange heiße Dusche, um den galoppierenden Herzschlag wieder runterzubekommen, und das half. Zum Glück hatte ich mir am Vorabend alles akribisch bereit gelegt, so dass nach wenigen Handgriffen alles da war, wo es hingehörte. Das Wichtigste: der CHIP am Bein!! Dann gings ans Essen: solche Mengen wie geplant bekam ich beim besten Willen nicht runter, also steckte ich mir noch eine Banane und einen Riegel in die Jackentasche.

Mein Papa brachte mich zum Parkplatz, von dem aus man ca. 800m am See entlangspazierte: ich liebe diese kribbelnde Vorstart-Stimmung, wenn im Morgengrauen Hunderte vermummte und bepackte Gestalten in einer langen Reihe am Ufer entlang gen Wechselzone wandern. es ist fast feierlich still...über dem spiegelglatten See hängt noch der eine oder andere Fetzen Morgennebel, das Ufer gegenüber taucht sich schon langsam in das erste Morgenrot.

Bei meinem Rad angekommen nehme ich mir viel Zeit, alles vorzubereiten: Gels aufkleben, Trinkflaschen füllen, Reifen auf 10bar aufpumpen (und ein Stoßgebet losschicken, dass sie halten mögen), Radschuhe einklicken, mit Gummis befestigen, Helm, Brille, Startnummer..alles parat. Es soll regnen heute, also sicherheitshalber ein paar Armlinge anziehen: was werde ich dankbar sein für diese Entscheidung!! Dann mal einen Blick nach rechts und links riskieren...und wie immer habe ich das Gefühl, meine Nachbarinnen sehen so viel professioneller aus! Ich versuche, die aufkommende Unruhe beiseite zu schieben und mich auf mich selbst zu konzentrieren: die Sorge war eh unbegründet: ich werde die erste sein, die ihr Rad aus der Reihe abholt! ;-) Dann nochmal die grandiose Stimmung aufsaugen: alle sind beschäftigt, manche ganz ruhig und gelassen, manche ganz hektisch und nervös.

Ich verabschiede mich von meinem Hexenbesen und stelle mich in die lange Reiher derer, die auch nochmal und nochmal und nochmal müssen...die Zeit schreitet davon und es ist wirklich JEDES Mal der nervöseste Moment!

Dann aber: wir werden aufgerufen und ich wurschtle mich in meinen Neo und dann gehts in einem großen Troß Richtung See, begleitet vom tosenden Beifall der Zuschauer: Gänsehaut pur! Ich habs geschafft - ich bin dabei, egal was heute noch kommen wird, ein wirklich großes Gefühl. Sind das viele Leute, einschwimmen geht nicht wirklich, das Wasser mit 23,7° sehr angenehm für mich, also beginne ich mit der Suche nach einem geeignetem Startplätzchen, ca. 100m vom Ufer entfernt. Ganz weit außen?`Oder doch lieber in direkter Linie zur ersten Boje? In einem Moment der Waghalsigkeit beschließe ich die zweite Variante, befinde mich in der ca. sechsten Reihe, ganz entspannt, und freue mich über eine schöne Lücke vor mir. Ha! Weit gefehlt: als es näher an die Startzeit geht, rutschen plötzlich alle von hinten auf und ich bin eingekeilt in einen Riesenpulk, fast Schulter an Schulter....gaaaaanz ruhig bleiben, aber das ist nicht so leicht. Wir bewegen uns alle leicht im Wasser und stoßen schon jetzt aneinander. Es hilft nichts, da muß ich jetzt durch...über uns kreist der Hubschrauber. Ganz plötzlich ertönt der Startschuß und die Waschmaschine setzt sich in Gang, man weiß gar nicht so recht, wie einem geschieht. Um einen herum schäumendes Wasser, Badekappen, schwarze große, kleine,dicke und dünne Körper. die alle nach vorne drängen..mit Wasserballkraul halte ich mich über Wasser, wehre Schläge ab, teile auch ein bisschen aus, die Schwimmbrille bekommt einen Tritt und füllt sich mit Wasser. Irgendwie kommen wir so zur ersten Boje, dann endlich ein paar ruhige Momente, ich kann kraulen, einen Rhythmus finden, aber nicht lange....dann beginnt das Spiel wieder von vorne. Wie eine Ziehharmonika zieht sich das Feld immer wieder zusammen und auseinander, beim Richtungwechsel muß ich auch mal ein paar Züge Brust machen, um im Tumult nicht unterzugehen. Dann geht es einigermaßen ruhig weiter, der Landgang rückt näher, ich freue mich auf eine kleine Abwechslung, die zahlreichen Zuschauer klatschen laut, als wir vorbeilaufen und zweidrei Delphinsprünge später bin ich schon wieder im tiefen Wasser, die zweite Runde zieht sich, ich freue mich die ganze Zeit auf den Moment, an dem wir umdrehen dürfen und versuche, ganz gleichmäßig zu schwimmen, Kraft zu sparen, es ist das erste Mal, dass ich an das bevorstehende Radfahren denke. Und dann rückt das Ufer näher, der Lärm, ich habs geschafft! Ich stolpere ans Ufer, schaue auf meine Uhr und sehe überglücklich: 1:02:57! Das war ein super Start!

Durch tiefen Sand gehts hoch, bestimmt 150m, viele gehen, ich versuche zu joggen, weil ich gehen doof finde, kämpfe mit dem Ärmel meines Neos, der nicht über die Uhr gehen will, ziehe und zerre und endlich bin ich frei....schnell zum Rad gelaufen, ein ganz flotter Wechsel, Schuhe halten bis zum Aufstieg, das Hineinschlüpfen klappt völlig problemlos und los gehts. Yipieh, denke ich, ganz ehrlich!

Nach kaum 100m setzt der Nieselregen ein, nach kaum 1km schüttet es, damit muß man sich erstmal arrangieren: Armlinge ganz hoch ziehen, Kopf tief zwischen die Schultern, Aerolenker gut festhalten, nützt alles nichts. ;-) Nach ein paar Minuten ist man so nass wie nach dem Schwimmen - gar nicht so leicht, dann ans Essen und Trinken zu denken! Ich versuche, mich an meinen Plan zu halten, auch wenn ich mir die ersten beiden Gels schon vom Oberrohr gerissen habe und sie auf der Straße gelandet sind. Sehr schnell sind wir in Frankfurt und es geht auf die bekannte Strecke: meine Beine sind gut, ich finde schnell einen rhythmischen, kraftvollen Tritt und achte kaum auf meine Umgebung, bin sehr konzentriert. Radfahren ist herrlich, auch im strömenden Regen! Es sind wenig Zuschauer unterwegs, dafür werden wir von Motorrad-Schießhunden bewacht, ich bekomme sogar einmal einen Anpfiff wegen angeblich nicht korrektem Abstand...mir fällt auf, dass trotzdem viel Windschatten gefahren wird, ganze Trupps von Jungs ziehen an mir vorbei. Wie immer auf der Radstrecke kann ich einige Mädels einsammeln, nur zwei überholen mich, ich lasse mich aber auf keinen Wettkampf ein, diesmal nicht! ;-) Bei km100 sind wir wieder in Frankfurt und ich fange an, ernsthaft zu frieren, mir klappern die Zähne, die Füße stehen im Wasser, die Schultern und der Nacken sind völlig steif und die Hände sind taub..eine erste kleine Krise. Aber sogleich steht mir jemand bei, er schickt schlagartig einen blauen Himmel und Sonne! Wie klasse ist das denn: die Straße trocknet, der Rücken wird warm und die Freude kehrt wieder....jetzt erstmal ordentlich essen, damit die zweite Runde auch gut wird! Riegel, Bananen, alles, was reingeht und vor allem: trinken! Ein heftiger Wind begleitet uns nun, bläst uns ordentlich entgegen, alle arbeiten schwer, ich kann sogar ein paar Männer überholen, und ja, auch das eine oder andere Scheibenrad!! :-) Der Heartbreak Hill ist schnell überwunden, soooo steil ist der nun auch wieder nicht, in der zweiten Runde haben sich doch einige mehr Zuschauer eingefunden, oben gibts einen kleinen Boxenstop für mich und dann endlich zurück Richtung Frankfurt....die letzten 20km sind sehr anstrengend, die Kraft läßt etwas nach, ich lasse mich dann doch noch auf einen kleinen Schlagabtausch mit einer Dame ein, von der ich weiß, dass sie um die Hawaii-Quali kämpft...nach ein paar Mal hin und her kann ich sie endgültig hinter mir lassen, bis mir plötzlich klar wird, dass ich ihr eh schon 15min abgenommen habe, sie war nämlich in der früheren Startgruppe...wenn man müde wird, kann man nicht mehr so klar denken! ;-) Insgesamt ist die Radstrecke durchaus anspruchsvoll, weniger wegen ihrem Höhenprofil, sondern weil sie ein ständiges Auf und Ab bietet, viele enge Kurven, Kreisverkehre, Kopfsteinpflaster!, Schienen, Baustellen, man kommt nie so richtig in einen gleichmäßigen Rhythmus.

Aber daran denke ich nun nicht mehr, wir rauschen nach Frankfurt in die Innenstadt, alle Straßen sind gesperrt, ein tolles Gefühl.... noch eine Kurve und plötzlich liegt sie direkt vor mir: die Wechselzone! ich habe gerade noch 150m, um aus den Schuhen zu schlüpfen und die Füße auf ihnen abzustellen und schon muß ich bremsen. Freundliche Helfer nehmen mir sofort das Rad ab, ich drehe gleich meine Startnummer nach vorne, stolpere los, während eine Helferin sich schon auf die Suche nach meinem Beutel macht - es ist schwer zu beschreiben, aber nach so einer langen Fahrt wäre ich kaum imstande, sofort zum richtigen Ständer zu laufen, die Koordinationsfähigkeit läßt doch zu wünschen übrig! (Sebastian Kienle hat sogar vergessen, aus seinen Schuhen rauszugehen und mußte die Schuhe ganz ausklicken und dann ausziehen....)

Leider hat mein Garmin sich irgendwo abgestellt, so dass ich meine Fabelradzeit von 5:31:16 noch gar nicht weiß! Tschakka!

Und dann sitze ich auf meinem Bänkchen in diesem großen Zelt, schon so oft im Fernsehen gesehen - und jetzt bin ich selbst da! Trotz aller Müdigkeit bin ich diesem Moment unglaublich stolz, packe meine Gels ein und trabe los...okay, am Anfang ziemlich unrund, aber die vielen lauten Zuschauer lassen einen den Übergang leichter bewältigen...nach nur 300m taucht plötzlich ein großes Objektiv vor meinem Gesicht auf, es ist Dietmar mit Laura und Benjamin, die mit mir ein Stück mitlaufen und mich anfeuern. Ich weiß nun, dass ich sie immer wieder auf der Strecke sehen werde, es ist gut, wenn man das weiß. Überhaupt ist die Frankfurter Laufstrecke richtig schön, sehr abwechslungsreich und durch das Runden-laufen denkt man überhaupt nicht daran, dass man einen ganzen Marathon laufen muß. Naja, ich jedenfalls nicht. Für mich waren das vier Runden zu absolvieren, die erste würde etwas zu flott sein, in der zweiten würde ich mein Tempo finden, in der dritten leiden und in der vierten nur noch das große Ziel vor Augen haben! So mein Plan!

Ich bin auch tatsächlich etwas zu flott los, hatte ja nun auch keine pace mehr auf meiner Uhr und dann beschlossen, einfach nach Gefühl zu laufen...ist das dann nicht genial, wenn man unwillkürlich genau das in Hunderten von km antrainierte GA1 Tempo von 5:40 anschlägt? Aber das greift schon voraus: erstmal habe ich versucht, gleich was zu essen, mich einzurichten und die Runde zu erkunden. Auf der gegenüberliegenden Seite erwartete mich meine frühere Trainerin Grit mit Begleitung, wie schön, dass sie mich gleich fragte, wie es mir ging, mitlief und mich aufmunterte!!! An dieser Stelle nochmal an alle Zuschauer: selbst wenn ich Euch nur mit glasigen Augen anschaue, ich nehme Eure Anwesenheit überdeutlich wahr und die Momente, die wir zusammen "verbringen" geben mir unglaublich viel Kraft für die nächsten km - das ist einfach fantastisch!!

Die zweite Runde war dann nicht mehr ganz so fröhlich, heftige Magenkrämpfe machten mir zu schaffen, der Tribut an die schwere Arbeit auf dem Rad...ich beschloß, zunächst auf Gels zu verzichten und stieg auf Wasser um. Dazu der Versuch, Salz zu nehmen, ein Stück Orange, einen Salzcracker....das war sehr unangenehm, aber ich mußte zum Glück nicht gehen, wie viele andere...gegen Ende dieser Runde gings wieder besser und ich konnte wieder Gels nehmen. Zum Glück! Aber was ist das doch für ein ekliges Gefühl, sich diese pappige süße Masse zum bestimmt zehnten Mal an diesem Tag zwischen die Zähne zu schieben...Cola habe ich angefangen, in der dritten Runde zu trinken, ich bin es eigentlich nicht gewohnt, aber ein Schluck Koffein tut ganz gut und Cola enthält jede Menge Kohlenhydrate...

Am Ende der zweiten Runde überholte mich die führende Frau, Caroline Steffen, in bestechendem 4er Tempo...ich habe erstaunlich wenig Frauen auf der Strecke gesehen. Zwei, von denen ich dachte, sie könnten in meiner Altersklasse sein, überholten mich, ich hätte keine Chance gehabt, ihnen zu folgen, aber das kenne ich ja bereits...;-)

Die dritte Runde war irgendwie doch ganz unterhaltsam, weil plötzlich so viele gingen, der Wandertag begann, das spornte mich zusätzlich an, NICHT stehen zu bleiben! Was auch nicht geschah, keinen einzigen Meter..darauf bin ich ziemlich stolz!

Die vierte Runde war dann schon hart, die km zoooogen sich wie Kaugummi, und eine tiefe Erschöpfung machte sich breit...aber keine echte Verzweiflung wie schon in manch anderem Rennen. Ich konnte mir selbst helfen, indem ich mir bei jeder Eck sagte, dass ich hier nicht nochmal vorbeikommen würde...was man sich nicht alles so erzählt während vier langer Stunden...aber es hat geholfen! Bis zum Schluß habe ich versucht, zu essen und zu trinken, um nicht doch noch irgendwo einzubrechen. Es war eine geniale Punktlandung in 4:00:25.

Der Moment, als ich das letzte ROSA Bändchen über den Arm gestreift bekam, in den Gassen neben mir all die, die erst eins oder zwei hatten...war unbeschreiblich schön! Nur noch etwas über 1km und dann durfte ich endlich Richtung Zielkanal abbiegen, und was war das für ein Rausch: der rote Teppich, die Tausende von Zuschauern, der Lärm, die Musik, ich höre, wie mein Name angesagt wird, irgendwo springt Benjamin über die Absperrung und rennt mit mir zusammen ins Ziel...ich bekomme ein Handtuch umgehängt, die Medaille, und ganz herzlich gratuliert.

Noch weiß ich meine Zeit nicht, drehe mich um, und da steht sie: 10:42:00 -ich kann dieses Glück kaum fassen, wie habe ich das bloß geschafft? Das ist SENSATIONELL! :-)

Und das Beste: ich stehe auf meinen Füßen, ich werde nicht wie viele andere liegend abtransportiert, ich gehe was trinken, dusche ausgiebig und krame dann mein Handy hervor, um zu telefonieren....